Familienblogger auf YouTube sind beliebt und erfolgreich. Einige Familien verdienen damit ihren Lebensunterhalt, der deutlich höher als ein Durchschnittsgehalt ausfällt. Gleichzeitig gibt es moralische und rechtliche Problematiken, die zu beachten sind. Bevor wir nun blind auf den Familienbloggern herumhacken, sollten auch die Zuschauer:innen und die Plattform kritisch hinterfragt werden. Beliebteste Familienblogger auf YouTube – die Schattenseiten der Kinderzimmer-Vlogger.
Familienformate sind auf YouTube sehr angesagt. Im deutschsprachigen Raum gehören die folgenden Kanäle zu den besonders erfolgreichen Produzenten.
Beliebteste Familienblogger auf YouTube – Ranking 2022
Zwar sind die Followerzahlen nicht das einzige Kriterium, um Erfolg und Beliebtheit zu erfassen. Sie haben aber großen Einfluss darauf, wie stark Influencer:innen und Vlogger:innen ihre Vermarktung weiter vorantreiben können.
- Team Harrison (1,24 Mio. Abonnenten)
- Mamiseelen (927.000 Abonnenten)
- Isabeau (663.000 Abonnenten)
- DieWolfs (640.000 Abonnenten)
- Anne Wünsche (588.000 Abonnenten)
Gründe für den Erfolg der Familienblogger?
Teilhaben am Alltag der Vorbilder? Inspiration für das eigene Familienleben? Ablenkung vom langweiligen Alltag? Das sind nur einige Gründe, warum Menschen sich gerne Familienblogger auf YouTube anschauen.
Daran ist an sich ja noch nichts Verwerfliches. Kritisieren lässt sich aber, dass gerade die kleinen Kinder, die in den Videos gezeigt werden, nicht angemessen berücksichtigt und geschützt werden.
Gefahren bei Baby- und Kinderfotos im Netz
Wie in einem früheren Beitrag beschrieben, sind schon Kinderfotos im Internet nicht unproblematisch. Im schlimmsten Fall werden die Bilder von Pädophilen weiterverbreitet, bearbeitet und missbraucht. Dass dies nicht selten passiert, ist längst bekannt, ändert aber wenig an der Bilderflut.
Speziell kleine Kinder können sich nicht dagegen wehren, wenn ihre Eltern sie als Babys oder Kleinkinder ablichten und die Bilder einem potenziellen Millionenpublikum zeigen. Verklagen kann man in Deutschland die eigenen Eltern erst, wenn man ins Jugend- und Erwachsenenalter kommt.
Auch ältere Kinder machen häufig noch beim „Familienprojekt“ YouTube mit, weil ihre Eltern direkt oder indirekt Druck auf sie ausüben. Kinder wollen ihren Eltern, die auch Vorbildern sein sollten, gefallen. Entsprechend fällt es ihnen schwer, sich dem Videowahn zu entziehen.
Familienblogger auf YouTube – Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte von Kindern
Rechtlich können Eltern von Kindern unter 14 Jahren entscheiden, was mit Kinderbildern passiert – auch ob sie im Netz landen. Die Persönlichkeitsrechte von unter 14-Jährigen können aber dennoch verletzt werden.
Das gilt besonders dann, wenn Erwachsene Kinder in peinlichen Situationen zeigen. Leider geschieht genau das gar nicht selten in YouTube-Videos. Eltern, die für mehr Reichweite ständig posten wollen, müssen sich natürlich unterhaltsames Material ausdenken. Oft sind die Kinder die Leidtragenden.
Generell dürften viele Erwachsene Baby- und Kinderfotos von sich selbst, z.B. an der Brust oder in der Windel, als unangenehm oder peinlich ansehen. Das scheint aber zahlreichen Elternbloggern auf YouTube egal zu sein. Sie zeigen ihre Sprösslinge unverpixelt in allen möglichen Situationen.
Familienblogger auf YouTube – mangelnder Schutz der Intimsphäre
Bei professionellen Familienbloggern auf YouTube ist auch der mangelnde Schutz der Intimsphäre ein großes Problem. Grundsätzlich sollte nicht der private Raum von Kindern im Netz zur Schau gestellt werden. Das heißt, Bilder aus dem Schlafzimmer, dem Bad oder vom Wickeltisch haben nichts im Netz zu suchen.
Für Kinder, die stark in die Videoproduktion eingebunden werden, ist aber auch dieser heimische Einsatz vor der Kamera ein kritischer Punkt. Wenn überall ein Smartphone oder eine Kamera mitläuft, haben Kinder gar keinen Rückzugsort mehr. Deshalb empfehlen Fachleute auch, Videos gar nicht vor der heimischen Kulisse zu drehen, sondern neutrale Orte zu wählen.
Kein Schutz der Identität – und YouTube kümmert’s kaum
Dass viele Familienvlogger die Bilder ihrer Kinder nicht verpixeln, ist ein weiteres Problem. Abgesehen von kriminellen Machenschaften kann man in vielen Fällen über die Namen im Video und auf der Webseite die Kinder genau zu ordnen. Zuschauer:innen können, teils noch Jahre später, Kinder aus den Videos mit früherem Bildmaterial konfrontieren.
Eigentlich hat YouTube auch Regeln aufgestellt, wonach Videos aus dem intimen Raum von Kindern nicht gezeigt werden dürfen. Dass sich aber kaum an diese Regeln gehalten wird, dürfte mit dem großen Erfolg der Kinder- und Familienblogger zusammenhängen.
YouTube-Familienblogger – Verantwortung auch beim Publikum
Pauschal alle Familienvlogs zu verurteilen, ist natürlich nicht der richtige Weg. Es gibt ja tolle Formate, von denen man lernen kann – und wenn es die Erkenntnis ist, dass man selbst einen anderen Weg der Erziehung oder Selbstdarstellung wählen möchte.
Es scheint auch langsam ein Umdenken unter einigen Familienbloggern auf YouTube stattzufinden. Einige von ihnen zeigen ihre Kinder nicht mehr oder nur noch selten frontal in die Kamera. Manche haben die Gesichter ihrer Kids von Anfang nur verpixelt gezeigt.
Gutes Vorbild statt Hassmails
Als Zuschauer:innen können wir auch selbst darauf achten, dass wir mit unserem Medienverhalten eher solche Formate unterstützen, die mehr Rücksicht auf die beteiligten Kinder nehmen. Fast alle Elternblogger erhalten übrigens regelmäßig kritische Nachrichten oder sogar Hassmails. Dabei spielt es kaum eine Rolle, welche Art von Content sie zeigen – das ist einfach die (traurige) Natur des Influencer-Geschäfts.
Wir als normale User:innen können auch als gutes Vorbild vorangehen, indem wir keine Frontalaufnahmen oder nur verpixelte Fotos von Kindern zeigen. Das dürfte auch Schritt für Schritt die großen YouTube-Familienblogger zu einem Umdenken bewegen.
YouTube-Familienblogger – Fazit und Tipps
Familienblogger auf YouTube sind heutzutage eine etablierte Videokategorie, die sich großer Beliebtheit erfreut. Viele der sehr erfolgreichen Accounts gehen leider (noch) nicht gut mit den Persönlichkeitsrechten und der Privatsphäre der beteiligten Kinder um. Aus unserer Sicht macht es dennoch keinen Sinn, jeden Familienvlog zu verteufeln.
Es gibt teilweise auch tolle, informative Inhalte und es ist nicht auszuschließen, dass einige Kids gerne (im moderaten Rahmen) mit ihren Eltern Videos aufnehmen. Natürlich können solche Aufnahmen auch eine Möglichkeit für (ältere) Kinder sein, sich mit Technik und Medien vertraut zu machen. Dabei sollten die Erwachsenen die Jüngeren aber immer bestmöglich schützen – und niemals als „billige Mitarbeiter“ ausnutzen oder sogar bloßstellen.
Likes und Produktkäufe fördern fragwürdige Videos
Zuschauer:innen können ein Zeichen setzen, indem sie Content, der offensichtlich Kinder ungeschützt oder im schlechten Licht zeigt, meiden. Und nicht noch durch Likes und Shares stärken. Auch sollte man sich überlegen, ob man derartige Kanäle oder Videos durch den Kauf von dort beworbenen Produkten unterstützen möchten.
Wer sich unsicher ist, welche Art von Fotos oder Videos von Kindern verbreiten werden dürfen oder sollten, kann sich Hilfe holen. Es gibt inzwischen einige Anlaufstellen mit nützlichen Informationen. Im Zweifelsfall hilft immer dieses Gedankenexperiment: Welches Bild würde ein Kind auch noch als kritischer Erwachsener in der Öffentlichkeit sehen wollen?
Weitere Informationen über Kindervideos im Netz
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