Gibt es in Familien größeren Streit und erhofft man sich gerichtlichen Beistand, kommt das Familiengericht ins Spiel. In dessen Zuständigkeitsbereich fallen Unterhaltsstreitigkeiten ebenso wie die Frage des Umgangs- und Sorgerechts. Auch Hausratsteilungen oder Trennungs-Unterhalt werden verhandelt. Wir klären nachfolgend genauer darüber auf, wie ein Familiengericht arbeitet und welche Verfahren vor ein Familiengericht kommen können.
Entgegen verbreiteter Vorstellungen handelt es sich beim Familiengericht nicht um ein eigenständiges Gericht. Vielmehr stellt das Familiengericht eine Abteilung innerhalb des Amtsgerichts dar. Daraus ergibt sich ein großer Unterschied gegenüber herkömmlichen juristischen Institutionen.
Ein Familiengericht kann kein Urteil im eigentlichen Sinne fällen. Die Entscheidungen ergehen dagegen in Form von Beschlüssen. Das Familiengericht setzt sich mit familienrechtlichen Thematiken auseinander. Die Entscheidungsfindung erfolgt durch eine:n Einzelrichter:in. Weitere Schöffen sind in der Regel nicht anwesend.
Wofür das Familiengericht zuständig?
Vor dem Familiengericht werden diverse Entscheidungen in Familiensachen getroffen. Dabei sind nicht nur Scheidungen Verhandlungssache. Auch bei Unterhaltsverfahren, Versorgungsausgleichen oder güterrechtlichen Fragen ist das Familiengericht zuständig.
Vor das Familiengericht gehören Streitigkeiten zwischen Ehepartner:innen oder zwischen Eltern und Kindern. Ein häufiger Verhandlungsgrund ist hierbei die Herausgabe von Gegenständen und weitere konkrete Forderungen.
Hinweis: Familienrichter entscheiden grundsätzlich über Rechtsstreitigkeiten, die unter den Mitgliedern einer Familie ausgetragen werden. Einen großen Raum nehmen dabei sogenannte Kindschaftssachen ein.
Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) schreibt in § 111 fest, was Familiensachen sind und was somit in den Zuständigkeitsbereich des Familiengerichts fällt.
Angelegenheiten des Familiengerichts
Familiengerichte kümmern sich zusammengefasst um folgende Angelegenheiten:
- Ehesachen: Scheidungen, Aufhebung, Nichtigkeitserklärung
- Kindschaftssachen: elterliche Sorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge, Umgangsrecht, Kindesherausgabe
- Unterhaltssachen: Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt, Nachscheidungsunterhalt, Ehegattenunterhalt
- Abstammungssachen: Feststellung der Vaterschaft, Vaterschaftsanfechtung
- Versorgungsausgleich
- Gewaltschutzsachen: häusliche Gewalt
- Güterrechtssachen
- Adoptionssachen
- Genehmigungen der Unterbringung von Minderjährigen
- Sonstige Familiensachen: Ansprüche aus Ehe- oder Umgangsrecht, Einbenennungen von Kindern, Befreiung von Eheverboten
Die Entscheidungen ergehen einheitlich durch einen Beschluss. Die Beteiligten können den Beschluss anfechten.
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Beispiel Sorgerecht vor dem Familiengericht
Aufgabe der Familienrichter:innen ist es, über die Anträge auf gemeinsames oder alleiniges Sorgerecht zu entscheiden.
Alleiniges Sorgerecht
Möchte ein Elternteil das Sorgerecht allein ausüben, gibt es verschiedene Möglichkeiten. So kann vom anderen Elternteil eine Sorgerechtsvollmacht ausgestellt werden. Weiterhin kann vor dem Familiengericht ein Antrag gestellt werden, vorausgesetzt es besteht ein gemeinsames Sorgerecht.
Davon ist auszugehen, wenn die Eltern des Kindes bei seiner Geburt verheiratet waren, die Heirat im Nachhinein stattgefunden hat oder dem Jugendamt entsprechende Sorgeerklärungen vorliegen. Wer das alleinige Sorgerecht verlangt, muss einen schriftlichen Antrag stellen. Der Nachweis über das Bestehen des gemeinsamen Sorgerechts muss dem Antrag beigefügt werden.
Gemeinsames Sorgerecht
Sind die Eltern des Kindes nicht verheiratet und es wurde keine Sorgeerklärung abgegeben, kann in gleicher Weise ein Antrag auf das gemeinsame Sorgerecht gestellt werden.
Sind Verhandlungen vor dem Familiengericht öffentlich?
Was vor dem Familiengericht erörtert und verhandelt wird, ist nicht öffentlich. Diese Regelung kann in § 170, Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes, kurz GVG, nachgelesen werden. Laut einer Neufassung aus dem Jahre 2008 ist es jedoch möglich, Verhandlungen vor dem Familiengericht öffentlich zu machen.
Voraussetzung ist, dass ein entsprechender Beschluss des Gerichtes ergeht und keiner der Beteiligten der Beschlussfassung widerspricht. Dies lässt sich ebenfalls in oben genanntem Gesetzestext nachlesen.
Hinweis: In § 173, Absatz 1 GVG wird festgelegt, dass die Öffentlichkeit bei der Entscheidungsfindung des Gerichtes im Rahmen von Ehesachen und Familienstreitsachen zugelassen ist. Nach § 38 FamFG ist die Verkündung der Entscheidung ein Beschluss.
Brauche ich vor dem Familiengericht einen Anwalt?
Wenn ein:e Ehepartner:in einen Scheidungsantrag stellen möchte, muss sie oder er sich durch eine:n Anwält:in vertreten lassen. Soll im Rahmen von Scheidungsverfahren der Rentenausgleich geklärt werden, besteht auch in diesem Fall Anwaltspflicht. Auch bei Unterhaltsfragen und Verfahren zum Güterrecht ist ein:e Anwält:in vorgeschrieben.
Aufgehoben ist die Anwaltspflicht, wenn ein Versorgungsausgleich außerhalb des Scheidungsverfahrens verhandelt wird. Auch bei allen übrigen Verfahren, die in den Zuständigkeitsbereich des Familiengerichts fallen, ist ein:e Anwält:in nicht zwingend vorgeschrieben.
Tipp: Auch wenn rechtlich bei bestimmten Verfahren kein Anwalt vorgeschrieben ist, empfiehlt sich der juristische Beistand. Wenn die andere Partei sich von einer Anwältin vertreten lässt, gilt das Prinzip der „Waffengleichheit“.
Örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts
Bei der örtlichen Zuständigkeit wird in Ehesachen und in Kindersachen unterschieden.
Zuständigkeit in Ehe-, Scheidungs- und Folgesachen
Bei Verfahren in Ehesachen definiert sich die örtliche Zuständigkeit in folgender Rangfolge:
- Gericht, in dessen Bezirk sich der gewöhnliche Aufenthalt eines der Ehegatten und aller gemeinsamen minderjährigen Kinder befindet
- Gericht, in dessen Bezirk sich der gewöhnliche Aufenthalt eines der Ehegatten und eines Teils der gemeinsamen minderjährigen Kinder befindet, sofern kein gemeinsames minderjähriges Kind bei der anderen Ehepartner:in lebt
- Gericht, in dessen Bezirk beide Ehegatten zuletzt lebten, wenn ein:e Ehepartner:in bei Eintritt des Rechtsfalles in diesem Gerichtsbezirk seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte
- Gericht, in dessen Bezirk der Antragsgegner lebt
- Gericht, in dessen Bezirk der Antragssteller lebt
Bei Verfahren in Kindschaftssachen greift folgende örtliche Zuständigkeit:
- Für Kindschaftssachen, welche die gemeinschaftlichen Kinder von Eheleuten betreffen, ist das Gericht zuständig, bei dem die Ehesache zuerst anhängig war.
- Ansonsten fällt die Kindschaftssache in den Zuständigkeitsbereich des Bezirkes, indem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- Wenn die genannten Punkte nicht gegeben sind, fällt die Zuständigkeit in den Bezirk, wo das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird.
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Gegen Entscheidungen des Familiengerichts vorgehen
Entscheidungen bzw. Beschlüsse des Familiengerichts können beim Oberlandesgericht angefochten werden. Es ist eine Beschwerde gegen den Beschluss einzureichen. Mit dem Beschwerdeverfahren geht die Angelegenheit in die 2. Instanz.
Wichtig: Für Beschwerdeverfahren in 2. Instanz besteht Anwaltspflicht. Beide Parteien müssen sich also zwingend von Anwalt oder Anwältin vertreten lassen.
Lassen sich auch Entscheidungen des Oberlandesgerichts anfechten? Sind bestimmte Voraussetzungen erfüllt, ist eine Überprüfung von Entscheidungen des Oberlandesgerichts möglich. Das Verfahren geht damit in seine 3. Instanz.
Was macht das Familiengericht – Fazit
Das Familiengericht spielt eine zentrale Rolle in der Klärung und Beilegung von Rechtsstreitigkeiten in Familien. Es ist eine spezialisierte Abteilung innerhalb des Amtsgerichts und unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Gerichten.
Statt Urteile zu fällen, erlässt das Familiengericht Beschlüsse, die von einem Einzelrichter ohne die Beteiligung von Schöffen gefällt werden. Damit soll es einen rechtlichen Rahmen bieten, der auf die spezifischen Bedürfnisse von Familien zugeschnitten ist.