Die Definition von Familie verändert sich im Laufe der Zeit. Gut so, werden viele sagen. Einige schlechte Eigenschaften der Familie aus der Vergangenheit braucht wohl kein Mensch mehr. Definitionen von Familie(n) sagen viel über die dazugehörige Epoche aus. Daher haben wir uns mal in einigen Wörterbüchern und Enzyklopädien umgeschaut. Da lässt sich auch ganz aktuell ein Wandel des Familienbegriffs feststellen.
Der Begriff Familie, wie wir ihn heute im Deutschen verwenden, stammt aus dem Lateinischen. Familia hieß darin ursprünglich die „[gesamte] Dienerschaft“ – wobei „famulus“ Diener bedeutet. Im Laufe der Zeit wurde der Begriff spezifischer für die Angehörigen eines Haushalts beziehungsweise die Gruppe nächster Verwandter verwendet.
Definition von Familie im Wandel
Wer aber genau in diese eine Familie gehört, hat sich über die Jahre verändert. Generell lässt sich bis heute zwischen eng und weiter verwandten Familienbegriffen unterscheiden. Besonders interessant ist auch der Blick auf die enge Familie im Sinne der heutigen Kernfamilie.
Frühe Definition von Familie aus Männersicht
Seit dem 16. Jahrhundert ist in deutschsprachigen Texten das Wort Familie zu lesen. In dieser Zeit wurde aber noch häufiger von „Weib und Kind“ im Sinne einer Familie von Vater, Mutter und Kind(ern) gesprochen. Dies geschah offensichtlich aus Sicht des dominanten Mannes oder eines männergeführten Staates.
Erst im 18. Jahrhundert setzte sich die Begrifflichkeit der Familie, wie wir sie heute kennen, im deutschen Sprachgebrauch durch. In der Regel wurde ab dieser Zeit die Lebensgemeinschaft aus Eltern und Kindern als eine Familie beschrieben. Im 19. Jahrhundert kamen auch Begriffe wie Klein- und Großfamilie dazu. Das hing auch mit den sich verändernden Wohnverhältnissen zusammen.
Vielfältigere Bezeichnungen für Familie ab den 1950ern
Schon vor dem 19. Jahrhundert gab es vielfältige Familienformen. Besonders ab den 1950ern wurden dafür auch besondere Begrifflichkeiten vergeben. Dazu gehören bis heute übliche Begriffe wie Kernfamilie, Adoptivfamilie, Patchwork-Familie, Co-Eltern-Familie oder Regenbogen-Familie.
Diese Begriffe zeigen auch, wie sich die Gesellschaft mit vermeintlich besonderen Familienformen auseinandergesetzt hat. Das kann man auch kritisch sehen. Denn gerade die vielen Begriffszusätze suggerieren, dass etwa eine Adoptivfamilie anders als eine „normale“ Familie zu betrachten ist.
Definition von Familie aus jüngerer Zeit
Spannend ist es auch zu schauen, wie sich in den letzten Jahren die einflussreichsten Definitionen von Familie verändert haben. Der Duden von 2007 definierte zum Beispiel noch Familie so:
- Familie = „Gemeinschaft aus einem Elternpaar u. mindestens einem Kind“ (Duden 2007)
Hier darf man fragen, ob denn nicht auch ein Elternteil ausreicht, um mit einem oder mehreren Kindern eine Familie darzustellen. Das hat sich wohl auch die Duden-Redaktion gedacht und schreibt heute auf ihrer Webseite:
- Familie = „aus einem Elternpaar oder einem Elternteil und mindestens einem Kind bestehende [Lebens]gemeinschaft“ (Duden 2021)
Noch häufiger wird wohl auf Wikipedia nachgeschaut. Da heißt es etwas umfassender:
- Familie = „durch Partnerschaft, Heirat, Lebenspartnerschaft, Adoption oder Abstammung begründete Lebensgemeinschaft, meist aus Eltern oder Erziehungsberechtigten sowie Kindern bestehend, gelegentlich durch weitere, mitunter auch im selben Haushalt lebende Verwandte oder Lebensgefährten erweitert. Die Familie beruht im Wesentlichen auf Verwandtschaftsbeziehungen“ (Wikipedia 2021)
Diese Beschreibung ist interessant, weil sie versucht, möglichst viele Formen moderner Familien aufzugreifen. Dazu gehört zum Beispiel, dass eine Kernfamilie durch weitere Verwandte oder Partner:innen erweitert werden kann. Das ist gewissermaßen ein Verweis auf ursprüngliche Großfamilie.
Eltern-Kind-Gemeinschaften und zwei Generationen
Auch der Punkt der Verwandtschaftsbeziehungen ist wichtig und relevant. Denn natürlich muss eine (moderne) Familie nicht immer auch blutsverwandt sein. Als letzte Definition schauen wir uns die Beschreibung vom Statistischen Bundesamt an, das auf diese Weise auch die Bevölkerung in Deutschland zählt:
- „Die Familie umfasst im Mikrozensus alle Eltern-Kind-Gemeinschaften, das heißt Ehepaare, nichteheliche (gemischtgeschlechtliche) und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie Alleinerziehende mit ledigen Kindern im Haushalt. Einbezogen sind – neben leiblichen Kindern – auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder ohne Altersbegrenzung. Damit besteht eine Familie immer aus zwei Generationen: Eltern/-teile und im Haushalt lebende ledige Kinder.“ (Statistisches Bundesamt 2021)
Der Punkt der zwei Generationen ist ein weiterer zentraler Aspekt. Auf den ersten Blick scheint es, dass er versucht, möglichst niemanden auszugrenzen. Doch natürlich gibt es auch moderne Familienformen, die von den bisherigen Definitionen nicht abgedeckt werden.
Lücken in der aktuellen Definition von Familie
Wir sollten auch fragen, ob Paare ohne Kinder nicht ebenfalls als Familie bezeichnet werden können. Beispielsweise wird manchmal von „Familien ohne Kinder“ gesprochen, wenn sich Paare Kinder wünschen, aber leider kinderlos bleiben. Doch selbst Paare, die bewusst keine Kinder haben möchten, können den Wunsch haben, sich als Familie zu bezeichnen. Warum sollte das nicht gehen?
Bedeutung der Elter(n)-Kind-Beziehung
Während von staatlicher Seite immer noch die Elter(n)-Kind-Beziehung im Vordergrund steht, lässt sich der Fokus auch auf die Ehe oder die Partnerschaft legen. Darüber hinaus lässt sich Familie auch verstehen als „exklusive Solidargemeinschaft zwischen zwei oder mehr Personen, die auf relative Dauer ausgerichtet ist“ (BPB 2021). Das könnte dann auch eine langjährige Wohngemeinschaft sein, die sich fürsorglich umeinander kümmert, ohne in einer elterlichen oder partnerschaftlichen Beziehung zu sein.
Bedeutung von Tieren für Familien
Nicht zuletzt sehen gerade in Deutschland viele Menschen ihre Haustiere als Familienmitglieder an. Solange die Besitzer ihre Tiere artgerecht halten – also nicht „vermenscheln“ oder verhätscheln, können Tiere eine große Bereicherung für einen Haushalt und eine menschliche Gemeinschaft sein.
Für manche Menschen können Tiere sogar eine Art Ersatz oder eine Alternative für die menschliche Familie sein, die nicht gewollt oder möglich ist. Ist das dann nicht auch eine Form der Familie? Wer sollte festlegen, wann noch von Familie gesprochen werden „darf“?
Wie versteht ihr Familie in der heutigen Zeit?
Um sich nicht ständig mit früheren Bedeutungen von Familie auseinandersetzen zu müssen, schlagen manche Sozialforscher vor, nur noch von (familiären) Lebensformen zu sprechen. Fest steht, dass sich die Familie schon wieder verändert hat und auch weiter wandeln wird. Die eine Familie gibt es nicht. Und gab es wohl auch nie. Vergleicht man verschiedene Zeiten und Regionen, hat es seit jeher viele verschiedene Formen der Familie gegeben.
Gutes beibehalten und offen für Verbesserung sein
Wir müssen sicher nicht alle Elemente unserer traditionellen Familie gleich über Bord werfen, sondern können uns aussuchen, was heutzutage noch sinnvoll ist. Wir sollten es auch als Chance sehen, dass es neue Familienformen gibt, von denen wir lernen können: Um die Familie von heute und morgen für alle Beteiligten möglichst liebevoll gestalten zu können.
Was sieht ihr die Definition von Familie im Wandel? Findet ihr, dass der Begriff Familie nur für eine bestimmte Familienform verwendet werden sollte? Oder habt ihr euch schon einmal darüber geärgert, dass manche das Wort Familie für sich exklusiv verwenden möchten? Wir freuen uns sehr auf eure Ideen und Erfahrungen zum Thema.
Einige Quellen:
https://www.dwds.de/wb/Familie#d-1-1
https://www.zdl.org/wb/wortgeschichten/Familie
https://www.duden.de/rechtschreibung/Familie
https://www.duden.de/rechtschreibung/Familie
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