Studieren mit Kind – Tipps und Erfahrungen

Studieren mit Kind – Tipps, Erfahrungen und die Zeitfrage

Gibt es einen richtigen Zeitpunkt, um Mutter oder Vater zu werden? Wann „passt“ ein Kind am besten ins Leben der Eltern? Ist zum Beispiel Studieren mit Kind eine gute Idee? Gerne teile ich hier meine eigenen Erfahrungen als Mama und Studentin. Am Ende habe ich ein paar Tipps aus meiner Sicht gesammelt und freue mich schon riesig über eure Ideen und Erfahrungswerte.

In Deutschland sind Schwangerschaften schon im Teenageralter keine Seltenheit. Auch Schwangerschaften von Frauen, die älter als 40 Jahre sind, kommen immer häufiger vor. Hört man sich in der Gesellschaft um, scheint es aber (fast) nie den perfekten Zeitpunkt zu geben, um Mutter oder Eltern zu werden. Studieren mit Kind? Geht das überhaupt?

Zu früh, zu spät, zu… die leidige Zeitfrage

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es in Bezug auf den Zeitpunkt einer Schwangerschaft eigentlich keine Entscheidung richtig sein kann. So hieß es, man solle vor dem zwanzigsten Lebensjahr bloß nicht schwanger werden, da muss erst mal die Schule oder die Ausbildung abgeschlossen sein. In den Zwanzigern will oder soll man dann etwas aufbauen oder das Leben genießen oder sein Studium absolvieren.

In den Dreißigern sollen Frauen sich dann doch mal die Fragen stellen, Kind ja oder nein und vor allem mit wem? Gleichzeitig heißt es, gerade wir Frauen sollen dann unbedingt Karriere machen. Für ältere Menschen, die früher viel jünger Eltern geworden sind, ist 30+ zugleich schon (fast zu) spät für eine Schwangerschaft. In den Vierzigern werden Frauen oft kritisch beäugt, warum es denn erst so spät mit dem Nachwuchs geklappt hat. Und prozentual gesehen bleibt für Menschen im höheren Alter der Kinderwunsch leider tatsächlich häufiger unerfüllt.

Mir wurde auch schon immer zu verstehen gegeben, dass jede Lebensphase gute Gründe mitbringt, nicht schwanger zu werden. Aber lässt sich das so pauschal beantworten? Gibt es wirklich die eine gute Zeit für eine Schwangerschaft? Und funktioniert Studieren mit Kind?

Das erste Kind am Ende des Bachelorstudiums

Ich selbst bin am Ende des Bachelorstudiums Musik geplant schwanger geworden. Beim Abschlusskonzert, das auch die finale Prüfung war, trug ich unsere älteste Tochter bereits unter dem Herzen. Als im Oktober mein Masterstudium startete, war meine Kugel unübersehbar.

Die Reaktionen einiger Kommiliton:innen und Dozent:innen ließen nicht auf sich warten. Viele sprachen ihre Freude oder ihren Respekt aus, sich „das im Studium zu trauen“. Etwas skeptischer hieß es aber auch:

„All die Verantwortung…“

Die Gründe, warum wir uns für ein Kind im Studium entschieden, waren ziemlich simpel. Uns war klar, dass wir Kinder haben möchten, wir waren jung (ich 26 Jahre) und hatten relativ viel Zeit, um ein Kind flexibel zu betreuen. Der Plan war auch eindeutig, trotz oder mit Mutterschaft das Studium erfolgreich fortzuführen.

Ich informierte mich bei den Studierenden- und Gleichstellungsbüros über mögliche Unterstützung im Studium, über Fristen, Auszeiten und Prüfungen. Mir wurde schnell klar: Alleine schaffe ich das nicht gut! Ich musste mich mit Lehrenden absprechen und einen kompatiblen Studienplan erstellen. Dabei war ich natürlich weitaus abhängiger als im Studium ohne Kind.

Studieren mit Kind – der Masterplan ging auf

Als ich sechs Wochen nach Entbindung im ersten Masterseminar saß, merkte ich, dass nichts mehr so sein sollte wie vorher. Meine Zeit lief ständig ab. Die nächsten zwei Stunden konnte die Kleine gut bei Papa oder Oma bleiben, doch danach musste und wollte ich zum Stillen wieder zu ihr.

Ich merkte, wie sehr ich zeitlich eingeschränkt war. Wie stark ich als stillende Mutter an das Baby gebunden war. Die Seminare liefen anfangs etwas an mir vorbei, waren eine interessante Abwechslung. Aber ihnen galt nicht mehr meine hundertprozentige Aufmerksamkeit wie noch im Bachelor. Ich belegte nur wenige Seminare, studierte aber ohne eine offizielle Elternzeit weiter, damit ich Prüfungen und Scheine ablegen konnte.

Viele Studierende und Lehrende waren sehr unterstützend, luden mich ein, das Baby mit zum Seminar oder in die Sprechstunden zu bringen. Ich konnte mir einen Stundenplan so legen, dass ich stressfrei weiter studieren konnte. Das war eine große Hilfe, für die ich bis heute dankbar bin.

Zeit ist begrenzt – und effektiver

Ich merkte, dass ich aufgrund des Zeitmangels viel fokussierter war als zuvor im Bachelorstudium. Kein stundenlanges Kaffeetrinken und Quatschen mehr in der Mensa, keine unkoordinierten Gänge mehr zur Bibliothek.

Wenn ein Zeitfenster verfügbar war, nutzte ich das und gab Gas. So schaffte ich meinen Master of Education im Jahr 2017, zwar mit etwas schlechteren Abschlussnoten als im Bachelor. Ich war aber trotzdem zufrieden. Auch das musste ich lernen:

Eine gute oder mittelmäßige Note muss auch mal gut genug sein muss.

Und Noten hatten sowieso nicht mehr dieselbe Priorität wie zuvor. Denn unsere kleine Maus wartete auf mich und die war dann gefühlt doch etwas wichtiger als der perfekte Abschluss. Der in meinem Job als Lehrerin ohnehin (selten) entscheidend ist.

Ich habe die Zeit im Studium mit Kind bei allem Stress anders geschätzt und genossen, weil ich viel fokussierter war. Natürlich gab es auch Phasen, in denen ich nicht wusste, wie ich genug Zeit zum Lernen bekommen konnte oder wie ich eine Prüfung schaffen sollte. Denn der Schlafmangel war mein steter Begleiter. Dennoch habe ich es keine Sekunde bereut, im Studium ein Kind zu bekommen. Ach ja, hatte ich erwähnt, dass der Papa immer eine unglaublich große Hilfe war? Dank und Kuss an an eben diesen…

Hier habe ich für euch meine wichtigsten Tipps zusammengestellt, für den Fall, dass ihr auch mit dem Gedanken spielt, im Studium ein Kind zu bekommen, oder schon mittendrin seid. Das sind meine sechs Tipps für das Studium mit Kind. 

Tipps für Studieren mit Kind aus Sicht einer Mutter

Kurzum lauten die sechs wichtigsten Tipps aus meiner Sicht wie folgt:

  1. Unterstützung einholen
  2. Klare Prioritäten helfen
  3. Realistische Ziele setzen
  4. Zeit bewusst nutzen
  5. Scheitern gehört dazu
  6. Externe Angebote nutzen

Unterstützung einholen

Egal, ob es dein Partner, deine Partnerin, deine Familie oder deine Freunde sind. Suche dir Menschen in deinem Umfeld, die dich und deine Entscheidung unterstützen. Auch Hochschulen selbst bieten Hilfe in Form von finanzieller Förderung (Familienstipendien), Kinderbetreuung oder bevorzugtem Studieren (Wunschseminare werden beachtet). Macht euch vorher schlau, fragt herum – ihr werdet Unterstützung erhalten, so war zumindest meine Erfahrung.

Klare Prioritäten helfen

Hier ein Zusatzseminar, da noch ein Praktikum, eventuell eine besonders interessante Exkursion? Mit Kind wurde mir das alles schnell zu viel. Natürlich gibt es immer spannende Angebote. Doch mit Kind ist eure Zeit viel begrenzter. Überlegt gut: Was brauche ich jetzt wirklich, was kann ich später nachholen? Besonders wenn die Kinder noch sehr klein sind, brauchen sie viel Zuwendung und Kraft der Eltern. Deswegen ist meiner Erfahrung nach ein klarer Fokus wichtig.

Realistische Ziele setzen

Realistische Ziele setzen hat mir sehr geholfen. Auch wenn ich sonst gerne große Pläne schmiede. Lieber zwei Seminare im Semester gut schaffen, als sich bei fünfen nur anzumelden. Als Eltern seid ihr mit eurem Kind schon aus gesundheitlichen Gründen immer verletzlicher. Kinder haben ihre eigene Spontanität und benötigen Flexibilität im Alltag. Deswegen habe ich aufgehört, meine Tage zu voll zu packen – das stresst nur unnötig. Ich habe angefangen, Schritt für Schritt zu planen und auch kleine Erfolge zu feiern.

Zeit bewusst nutzen

Papa oder Oma schiebt gerade mit der oder dem Kleinen für zwei Stunden im Park herum? Dann ist das die perfekte Zeit, um etwas zu schaffen. Ich war überrascht, wie effektiv ich in zwei Stunden sein kann. Da ein Studium mit Kind aber auch kräftezerrend ist, waren auch Zeitfenster für etwas Erholung wichtig. Für mich als Frau genauso wie für uns als Eltern.

Scheitern gehört dazu

Ein Studium mit Kind läuft nicht immer nach Plan. Besonders in der Anfangsphase hat vieles nicht so geklappt, wie es das aus meiner Sicht sollte. Doch noch etwas länger gestillt, schon ist man zu spät beim Seminar. Die Wochen fliegen dahin und noch kaum war Zeit für die wichtige Hausarbeit. Das passiert. Lass dich nicht entmutigen, es geht weiter! Versuche, nicht zu streng zu dir zu sein, und sprich mit deinen Lehrenden über neue Fristen. Generell hilft immer wieder Tipp Nr. 1.

Externe Angebote nutzen

Außerhalb der Hochschulen mit Studierendenbüro, Asta, Familienservice/ Gleichstellungsbüro gibt es auch weitere Hilfs- und Beratungsangebote. Caritative Träger und Städte beraten in Bezug auf materielle Unterstützung – z.B. BAföG, Stipendien, Wohngeld, Kindergeld, Elterngeld etc. Es gibt aber auch psychologische und soziale Hilfe für junge und werdende Eltern im Studium.

Studieren mit Kind – was sagt ihr?

Das waren einige meiner Erfahrungen als junge Mama im Studium. Wie war es bei euch? Welche Tipps würdet ihr ergänzen und welche Punkte trafen auf euch so nicht zu? Seid ihr gegen Studieren mit Kind? Ich freue mich auf eure Kommentare und Anregungen.

Artikelbild: Derick McKinney / Unsplash

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Die Autoren

Imke

Imke ist Mutter von drei Mädchen im Alter zwischen zwei und acht Jahren. Auf moderne-familie.de schreibt sie gerne über das Muttersein, Konzepte von moderner Familie, Familienreisen und die heutige Rolle der Frau und Mama.

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