Eltern pflegen und arbeiten – eine große Herausforderung für Familien
Plötzlich ist alles anders: Die eigenen Eltern brauchen Hilfe und man steht vor der schwierigen Aufgabe, Job und Pflege unter einen Hut zu bringen. Was zunächst nach einem kurzen Übergang aussieht, wird oft zu einer jahrelangen Belastung. Eltern pflegen und arbeiten? Eine große Herausforderung für Familien kann so gemeistert werden.
Berufstätige Angehörige sind keine Einzelfälle – immer mehr Menschen in der sogenannten Sandwich-Generation stehen vor genau diesem Dilemma. Wenn die Eltern älter werden und Unterstützung benötigen, verändert sich das Familienleben grundlegend. Wo es früher gereicht hat, eine Pflegebox zu bestellen, ist jetzt deutlich mehr Unterstützung nötig.
Ihr kennt das vielleicht selbst oder habt es im Bekanntenkreis erlebt: Zwischen Vollzeitjob, eigenen Kindern und der Pflege der Eltern bleibt kaum noch Zeit zum Durchatmen. Die emotionale Belastung ist dabei genauso groß wie die praktischen Herausforderungen im Alltag.
Inhaltsverzeichnis
Eltern pflegen und arbeiten – doppelte Belastung im Alltag
Wer berufstätig ist und gleichzeitig Angehörige pflegt, steht täglich vor einem Spagat. Morgens schnell beim Vater vorbeischauen, ob alles in Ordnung ist, dann ins Büro hetzen und während der Mittagspause die Mutter zum Arzttermin begleiten. Am Abend wartet dann noch der Wocheneinkauf für beide Haushalte.
Flexibilität wird zur Notwendigkeit
Viele Arbeitgeber zeigen zwar Verständnis, aber die Realität sieht oft anders aus. Spontane Termine beim Pflegedienst, Notfälle im Krankenhaus oder einfach nur ein schlechter Tag der pflegebedürftigen Eltern – all das lässt sich schlecht planen. Gleitzeit und Homeoffice werden plötzlich zu den wichtigsten Arbeitsbedingungen überhaupt.
Karriere auf Eis gelegt
Beförderungen rücken in weite Ferne, wenn man regelmäßig früher gehen muss oder nicht zu jeder Überstunde bereit ist. Besonders Frauen reduzieren oft ihre Arbeitszeit oder steigen ganz aus dem Beruf aus. Das wirkt sich nicht nur auf das aktuelle Einkommen aus, sondern auch auf die eigene Rente.
Kollegen und Vorgesetzte verstehen nicht immer
Während Elternzeit und Krankheit allgemein akzeptiert sind, stößt die Pflege von Angehörigen nicht immer auf Verständnis. Sprüche wie „Das ist doch nur vorübergehend“ oder „Gibt es denn keine anderen Geschwister?“ kennen viele Betroffene nur zu gut.
Eltern pflegen und arbeiten – zwischen Liebe und Überforderung
Die Entscheidung, die eigenen Eltern zu pflegen, kommt meist aus dem Herzen. Man möchte ihnen etwas zurückgeben und sie in einer schweren Zeit begleiten. Doch was mit guten Vorsätzen beginnt, kann schnell zur Überforderung werden.
Schuldgefühle sind ständige Begleiter
Egal was man tut, es fühlt sich nie genug an. Im Job hat man das Gefühl, nicht hundertprozentig da zu sein, und bei den Eltern plagt einen das schlechte Gewissen, nicht genug Zeit zu haben. Diese Zerrissenheit zehrt an den Kräften und führt oft zu Erschöpfung.
Die eigene Familie leidet mit
Partner und Kinder müssen oft zurückstecken, wenn Opa oder Oma mehr Aufmerksamkeit brauchen. Familienausflüge werden abgesagt, weil ein Notfall dazwischen kommt. Die Beziehung zum Partner kann darunter leiden, wenn ständig jemand anders im Mittelpunkt steht.
Geschwisterkonflikte entstehen
Oft kümmert sich nur eines der Geschwister intensiv um die Eltern, während die anderen aus verschiedenen Gründen weniger beitragen können. Das führt zu Spannungen und Vorwürfen, die die Familiensituation zusätzlich belasten.
Eltern pflegen und arbeiten – wichtig, Hilfe anzunehmen
Viele denken, sie müssten alles alleine schaffen. Dabei gibt es mittlerweile zahlreiche Unterstützungsangebote, die den Alltag erheblich erleichtern können.
Professionelle Pflegedienste entlasten
Ein Pflegedienst kann regelmäßige Aufgaben übernehmen und gibt Sicherheit, dass immer jemand nach den Eltern schaut. Das schafft Freiräume für den eigenen Job und die Familie. Die Kosten werden oft von der Pflegeversicherung übernommen.
Tagespflege als Zwischenlösung
In der Tagespflege sind die Eltern tagsüber gut betreut und können abends wieder nach Hause. Das ermöglicht einen normalen Arbeitsalltag und trotzdem das Gefühl, dass die Eltern nicht alleine sind.
Familienpflegezeit nutzen
Das Familienpflegezeitgesetz ermöglicht es, die Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre zu reduzieren, um Angehörige zu pflegen. Zwar sinkt das Gehalt, aber der Job bleibt gesichert. Das kann eine Brücke sein, um schwere Phasen zu überbrücken.
Eltern pflegen und arbeiten – mit Arbeitgeber sprechen
Ein offenes Gespräch mit dem oder der Vorgesetzten kann überraschend positive Ergebnisse bringen. Viele Unternehmen entwickeln mittlerweile eigene Programme zur Unterstützung pflegender Angehöriger.
Flexible Arbeitszeiten aushandeln
Gleitzeit, Homeoffice oder komprimierte Arbeitswochen können helfen, Pflege und Beruf besser zu vereinbaren. Wenn die Arbeitsleistung stimmt, sind viele Chef:innen bereit, bei den Arbeitszeiten entgegenzukommen.
Betriebliche Sozialberatung nutzen
Größere Unternehmen haben oft Sozialberater, die bei der Organisation der Pflege helfen können. Sie kennen lokale Angebote und unterstützen bei Anträgen und Formalitäten.
FAQ: Wo kann ich mir Hilfe holen? Wichtige Ansprechpartner
Diese Übersicht bietet eine erste Orientierung zu den wichtigsten Anlaufstellen und digitalen Hilfen für Familien, die die Pflege von Eltern mit Beruf und Alltag vereinbaren müssen.
Pflegekasse (gesetzlich oder privat)
Pflegestützpunkt
Hausarzt
Sozialamt / kommunale Beratungsstellen
Jugendamt (bei Kindern im Haushalt)
Familienpfleger / Haushaltshilfe
Arbeitgeber (Personalabteilung, Betriebsrat)
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Caritas, Diakonie, kirchliche Beratungsstellen
Wohlfahrtsverbände (z.B. AWO, DRK)
Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige
Pflegetelefon (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)
Online-Ressourcen und Beratungsangebote
Psychologische Online-Beratung für pflegende Angehörige
Online-Pflegeberatung der Pflegekassen
Informationsportale zu Pflege, Beruf und Familie
Online-Foren und Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige
Onlinekurse und Schulungen für pflegende Angehörige
Familienpflegezeit-Rechner und Informationsseiten zu gesetzlichen Freistellungsregelungen
Weitere wichtige Institutionen
Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA)
Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Mit der alternden Gesellschaft werden immer mehr Menschen vor dieser Situation stehen. Wichtig ist, dass man sich nicht scheut, Hilfe zu suchen und auch mal „Nein“ zu sagen.
Die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden der Familie sollten nicht unter der Pflege leiden. Wer rechtzeitig Unterstützung organisiert und offen mit allen Beteiligten kommuniziert, kann diese schwere Zeit besser meistern. Denkt daran: Ihr müsst nicht alles alleine schaffen – und das ist völlig in Ordnung.
Wir wünschen euch und eurer Familie von Herzen das Beste!
Artikelbild: ChatGPT; Keywords: Eltern pflegen und arbeiten
Jonny ist in einer Familie mit fünf Kindern großgeworden und heute selbst dreifacher Vater. Er bloggt auf moderne-familie.de am liebsten über das Vatersein, Familienreisen, leckeres und gesundes Essen – und über das Image von Familie in Medien und Gesellschaft.